Ist es nicht verblüffend, wie angriffslustig der Buchtitel im ersten Moment wirkt? Dabei ist die Frage völlig sachlich: Handelt es sich um Betrug, ja oder nein?
Der übliche Einwand lautet, es handele sich nunmal um Glauben. Aber die Gebete und Segnungen der Päpste sind wirkungslos, egal was man glaubt. Das lässt sich objektiv beurteilen. Alle Priester und Päpste wissen es. Dennoch behaupten sie das Gegenteil. Ist es also Betrug?
Andererseits: Setzt Betrug nicht eine böse Absicht voraus? Papst Franziskus wirkt aufrichtig. Er meint, was er sagt. Ist es also doch kein Betrug? Die Frage ist kniffliger, als es zunächst scheint.
Die Idee des Buches ist, jene Dinge zu prüfen, die sich objektiv prüfen lassen. Es enthält 24 große Kapitel, in denen die Frage des Betrugs aus immer neuen Perspektiven gestellt wird. Der klare Fokus auf das Beweisbare macht das Buch spannend, fair und interessant.
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Der berühmteste Auftritt von Papst Franziskus: Allein und verlassen kämpfte er tapfer gegen das Corona-Virus. Ein wundertätiges Pestkreuz aus dem Jahr 1522 sollte den Zauber bewirken. Als es fehlschlug, wollte man nichts mehr davon wissen. Ist das Betrug?
Alle drei »modernen Päpste«, von denen das Buch hauptsächlich handelt, führten persönlich das Blutwunder von Neapel vor: Das eingetrocknete Blut eines Heiligen, der vor über tausend Jahren starb, verflüssigt sich dabei vor den Augen der Zuschauer. Ist das Betrug? Das Buch erklärt, wie der Trick funktioniert und welche Geschichte dahinter steckt.
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Der Papst empfängt von Gott nur völlige Stille. Trotzdem arrangiert er Fotografien, die ihn tief versunken in Zwiesprache mit Gott zeigen. Ist das Betrug? Das Buch geht der Frage nach, warum wir niemals erfahren, was denn das konkrete Ergebnis dieser Zwiesprache war. Gerade wer gläubig ist, müsste doch daran interessiert sein. Aber nie fragt jemand danach. Warum?
Die Vertuschung des sexuellen Missbrauchs empört Gläubige wie Ungläubige gleichermaßen. Was wussten die Päpste davon? Haben sie an der Vertuschung mitgewirkt? Das Buch beschreibt konkrete Fälle im Detail. Es untersucht präzise, wer davon wusste, und welche Rolle Papst Benedikt dabei spielte.
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Die Päpste behaupten, ihr Segen hätte eine positive Wirkung — nicht im Jenseits, sondern hier und heute. Dadurch lässt es sich objektiv prüfen. Das Buch erklärt, wie eine Segnung angeblich funktioniert und warum es seit langer Zeit widerlegt ist.
Päpste ernennen Heilige und werden oft selbst zu Heiligen. Der Vatikan behauptet, sie hätten Kranke geheilt, und dies wäre sogar wissenschaftlich geprüft worden. Das Buch beschreibt die Erkrankungen, die Heilungen und was die Prüfung tatsächlich ergab.
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Intuitiv widerstrebt es uns, jemanden wie den sympathischen Papst Franziskus mit dem Verdacht des Betrugs zu konfrontieren. Denn er wirkt aufrichtig. Er glaubt, was er sagt. Kann es Betrug sein, wenn er es selber glaubt? Weiterlesen...
Aber Glaube kann so stark sein, dass man zuerst sich selbst betrügt, und dann andere. Vielleicht geschah es zunächst nicht aus böser Absicht. Aber zweifellos ist die Geschichte voll von Menschen, die innig an Dinge geglaubt haben, die als Irrtum begannen und als Betrug endeten.
Doch wo liegt der Unterschied? Bei einem Irrtum gehen wir davon aus, dass die Person es einfach nicht besser wusste. Das verzeihen wir gerne. Aber bei einem Betrug vermuten wir, dass jemand durchaus die Wahrheit kannte, oder zumindest kennen konnte.
Die Päpste wissen sehr genau, dass ihre Segnungen wirkunsglos sind. Kann man das beweisen? Ja, denn eine Segnung soll sich auf das Diesseits auswirken, nicht auf das Jenseits. Folglich lässt sich die Wirkung objektiv prüfen. Aber es ist keine Wirkung feststellbar. Müsste ein Papst das nicht irgendwann bemerkt haben?
Würden wir einem Arzt glauben, der uns versichert, er habe 40 Jahre lang nicht bemerkt, dass seine Behandlung völlig wirkunslos war? Würden wir uns zufrieden geben mit der Ausrede, dass er es ehrlich geglaubt hätte? Einen Arzt, der den Erfolg seiner Bemühungen nicht nachprüft, würden wir sicher als Scharlatan bezeichnen. Aber hat jemals ein Papst den Erfolg seiner Segnungen geprüft und das Ergebnis mitgeteilt?
Die Päste wissen sehr genau, dass Gott nie auf eines ihrer Gebete antwortete. Hätte Gott eine Antwort gegeben, wäre das eine Weltsensation, die uns allen bekannt wäre. Müsste ein Papst seinen Anhängern nicht irgendwann eingestehen: »Ganz ehrlich, ich habe noch nie eine Antwort von Gott bekommen«? Stattdessen sehen wir die Päpste dauernd in inniger Zwiesprache mit Gott — angeblich.
Heute schrecken wir inutitiv davor zurück, Religion in die Nähe von Betrug zu rücken. Wir schätzen die Freiheit und möchten keinen Ärger. Das ist gut so. Aber zweifellos hat es Betrug zu allen Zeiten gegeben. Papstämter wurden im Mittelalter verkauft und verhökert, teilweise gab es mehrere gleichzeitig. Dennoch versicherten alle mit treuem Augenaufschlag, Gott persönlich habe sie auserwählt. Einer saß sogar in Heidelberg in Haft. Haben Sie das gewusst?
Es gab Päpste, die bei näherer Betrachtung eigentlich Päpstinnen waren, diesen Umstand aber zu verschleiern suchten (was ab einer gewissen Körperfülle erleichtert wird). Daraufhin prüfte der Vatikan einige Zeit durch einen Kontrollgriff die Männlichkeit des Pontifex. Die anschließende Verkündigung »habet testes!« beruhigte die Öffentlichkeit, die sich des göttlichen Wohlwollens durch weibliche Verderbtheit beraubt sah.
Auch Papst Benedikt versprach in seiner Antrittsrede feierlich, Gott persönlich habe ihn zu seinem Stellvertreter erkoren. Seine Zuhörer warteten gebannt auf die Begründung. Aber er gab keine Begründung. Sondern er wünschte allen einen schönen Tag und verschwand in den Fluren des Vatikans.
Die Frage des Betrugs stellt sich auch für Gläubige. Denn die Autoren der Bibel wurden nicht müde, religiösen Betrug anzuprangern. Gerade Paulus, der heilige Gründer des Christentums, warnt vor Betrügern, die seine eigenen Briefe gefälscht hätten. Trotzdem stehen sie in der Bibel und bilden sogar den Hauptteil des Neuen Testaments. Das bedeutet: Selbst Christen, die die Bibel für wahr halten, müssen zugeben, dass die Bibel auch Betrug enthält. Wenn das nicht zuträfe, hätte Paulus gelogen. Und dann wäre es ebenfalls Betrug. Aus dieser Zwickmühle kommen Sie nicht heraus.
Gläubige können die Frage nicht einfach zur Seite schieben, mit dem Hinweis, sie seien eben gläubig. Sondern im Gegenteil, für Gläubige stellt sich die Frage besonders dringend. Gläubige sollten daher der Versuchung widerstehen, dieses Buch als einen feindlichen Angriff zu deuten. Das Buch versucht, fair und objektiv zu sein.
Insofern ist dieses Buch geeignet für Gläubige wie Ungläubige. Ich werde keine Götter vom Sockel stoßen und keine Religion infrage stellen. Denn davon hängt nichts ab. Wir könnten morgen einen Beweis für Gott finden und trotzdem (oder gerade dadurch) herausfinden, dass der Papst ein Betrüger ist.
Ein Teil des Betrugs liegt darin, den Gläubigen zu suggerieren, alles in ihrer Religion und in ihrer Kirche sei eine Sache des Glaubens und daher einem Beweis verschlossen. Aber das ist nicht wahr. Man möchte lediglich von vornherein jede Kritik für nichtig erklären und jede Nachforschung unterbinden. Doch die meisten Dinge sind prüfbar und beweisbar, wenn man sie sorgfältig untersucht.
Mehr noch: Ohne eine Prüfung kann man nicht seriös behaupten, überhaupt eine Erkenntnis zu besitzen. Die Forderung nach einer Prüfung mag zwar etwas angriffslustig erscheinen. Aber eine Prüfung ist immerhin seriöser als der Vorschlag, sie zu unterlassen.
Deswegen beginnen wir mit wachem Forschergeist eine spannende und interessante Reise durch ein verbotenes Thema, in dem es viel zu entdecken gibt.
Nur wenige Gehminuten vom prächtigen Petersdom in Rom trifft der wissbegierige Spaziergänger auf eine deutlich bescheidenere Kirche namens »San Giovanni dei Fiorentini« am Piazza dell’Oro. Doch trotz der sparsameren Verwendung von Gold und Marmor bietet sie einen ergreifenden Zugang in die Welt des Jesus von Nazareth, der auch heute noch keinen Besucher unberührt lässt. Denn in einer Seitenkapelle links vom Hauptaltar hütet man eine erstaunliche Reliquie: Es ist der wahrhaftige Fußabdruck von Maria Magdalena. Weiterlesen...
Maria Magdalena ist jene Frau, die an der Seite von Jesus durch die Städte und Dörfer Galiläas schritt. Sie sah zu bei der Kreuzigung, half bei der Salbung des toten Leibes (Joh. 19,40) und entdeckte das leere Grab. Anschließend erschien ihr als erstem Menschen der auferstandene Jesus. Die verschiedenen Evangelien schildern diese Geschehnisse mit drastischen Unterschieden, sodass man an dieser Stelle viele Einwände vorbringen müsste. Sehen wir für dieses Kapitel großzügig darüber hinweg und begnügen uns damit, dass Maria Magdalena sich in der Bibel einer herausgehobenen Stellung rühmen darf.
Papst Benedikt und Papst Franziskus gehören beide zu den fachkundigen Verehrern der Maria Magdalena. Papst Franziskus befahl am 10. Juni 2016 sogar ausdrücklich die liturgische Gleichstellung mit den Zwölf Aposteln, und ihr Feiertag am 22. Juli bekam in der gesamten römisch-katholischen Kirche den Rang eines »Festes«.
Meine Begeisterung über diese päpstliche Aufwertung hätte nicht größer sein können, denn nur wenige Wochen später besuchte ich jene geheimnisvolle Seitenkapelle, in welcher der zarte Knöchel der Maria Magdalena auch nach über zweitausend Jahren einen bestürzenden Beweis ihrer fraulichen Anmut liefern sollte.
Ich wurde nicht enttäuscht. Hinter Panzerglas und in güldenem Licht glänzte tatsächlich der Fuß von Magdalena. Zwar war es eine Nachbildung aus Altmetall, aber immerhin. Geheimnisvoll schimmernd und vergoldet thronte die zierliche Skulptur auf einem ebenfalls vergoldeten Podest.
Die völlige Stille der Kapelle lud ein, über die große Bedeutsamkeit der Reliquie nachzudenken. Immer wieder kamen Besucher in das Gotteshaus und steuerten direkt auf die kleine Ausbuchtung in der Mauer zu. Sie flüsterten leise, knieten nieder und beteten. Danach traten sie ein paar Schritte zurück, um Platz zu machen für die nächsten Besucher. Aber ihre bewundernden Blicke hafteten weiterhin auf dem goldenen Fuß.
Doch die Skulptur diente nur zur Illustration. Denn der eigentliche Grund der Anbetung war der Fußabdruck, den Maria auf dem Felsen jener Grotte hinterließ, in der Jesus begraben wurde und in der sich der Gottessohn nach der Auferstehung erstmals zeigte. Maria betrat die Grotte mit dem linken Fuß — und eben jener erste Schritt der Menschheit in eine neue Zeit wurde von treuen Gläubigen für die Nachwelt aufbewahrt. Wie durch ein Wunder half der Abdruck viele Jahrhunderte später dem unvergessenen Papst Leo X. bei der Finanzierung dieser Kirche, die sich nach eigener Auskunft zunächst als unzureichend erwies.
Nun werden sich manche Leser fragen, warum man den Fuß aus Metall nachbilden ließ, wo man doch den originalen Fußabdruck hatte, der auf die Besucher natürlich sehr viel authentischer und eindrucksvoller gewirkt hätte?
Vermutlich ist der originale Fußabdruck viel zu kostbar, um ihn für eine teilweise ungläubige Schaar von Besuchern zu verschleißen und zu entweihen. Deswegen liegt er unter einer mächtigen Marmorplatte mit der eindrucksvollen Inschrift: »PES SANCTAE MARIAE MAGDALENAE«. Mit anderen Worten, man kann den Fußabdruck nicht sehen. Die Besucher der kleinen Kirche knien vor einem Fußabdruck, den sie nicht sehen können.
Katholiken werden mir sicherlich bestätigen, dass die Ausstellung von Reliquien, die bei näherer Inspektion überhaupt nicht zu sehen sind, und die nur vermittels einer verschlossenen Kiste oder einer beschrifteten Steintafel der Bewunderung anheim gestellt werden, im Katholizismus nicht ungewöhnlich ist. So müssen wir uns also mit dieser weißen Marmortafel zufrieden geben.
Die Tafel stammt aus dem Jahr 2012. Papst Benedikt ließ es sich nicht nehmen, die Nachwelt zu informieren, dass er höchstselbst diese Kirche besucht, den Fußabdruck kontrolliert, gesegnet und angebetet habe, um ihn anschließend in den Fußboden der Kirche einzulassen und mit eben jener Steintafel zu konservieren.
Das macht den Fußabdruck (oder zumindest die Steinplatte) zu einem ganz besonderen Ausweis katholischer Wahrhaftigkeit, für den gleich zwei Päpste ihre Siegel gaben — und noch dazu in der Neuzeit, sodass man nicht einwenden kann, man habe es im Mittelalter eben nicht so genau genommen.
Bevor wir uns der Frage zuwenden, ob es sich um Betrug handelt: Ordnen wir zunächst unsere Fundstücke. Das Jesusgrab und die angebliche Grotte wurden nie gefunden. Woher stammt dann der Fels? Selbst wenn man annähme, dass die »Grabeskirche« in Jerusalem tatsächlich über dem Grab von Jesus errichtet wurde, könnte man einfach nachschauen, ob an der betreffenden Stelle ein Stück Fels in passender Größe aus dem Boden herausgebrochen wurde; aber das ist nicht der Fall. Der Boden der Grabeskirche ist mit glatten Steinen gepflastert, wie bei jeder anderen Kirche.
Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es je einen solchen Felsen gegeben haben könnte? Wie viele weibliche Fußabdrücke hat man bisher auf Felsen gefunden? Grob überschlagen dürfte die Zahl bei Null liegen. Auch von den Neandertalern oder anderen Kulturen, die nachweislich in Höhlen lebten, sind uns keine weiblichen Fußabdrücke bekannt, die auf nackten Fels hinterlassen wurden. Denn Frauen hinterlassen keine Fußabdrücke auf Felsen. Insofern sind Überlegungen zur Authentizität des Fußabdrucks so müßig wie albern. Es ist offensichtlich Humbug.
Selbst wenn ein Fußabdruck gefunden würde von einer Frau, die so grob und garstig war, dass sie Abdrücke im nackten Fels hinterließ: Wie will man sicherstellen, dass es sich um Maria Magdalena handelte?
Und zum Schluß: Wo ist überhaupt der Fußabdruck? Ich habe nämlich keinen gesehen. Gesehen habe ich nur die Marmortafel von Papst Benedikt. Oder ist das spitzfindig?
Es dürfte nicht ganz einfach sein, einen größeren Unsinn zu finden als den Fußabdruck der Maria Magdalena auf einem Felsen. Aber das Kapitel ist ja noch nicht zu Ende.
Der unsichtbare Fußabdruck der Maria Magdalena ist bei weitem nicht das dreisteste Beispiel für diese Art von Irreführung. Der prächtige Petersdom ist eine wahre Fundgrube solcher dubioser Ausstellungsstücke. Eine der wertvollsten Kostbarkeiten des Christentums ist ohne Zweifel der Stuhl, auf dem Petrus höchstselbst als erster Bischof von Rom thronte (angeblich). Ganz hinten im Petersdom, unter dem prächtigen Fenster mit der lichtdurchfluteten Darstellung des Heiligen Geistes, ist dieser alte Holzstuhl für alle Gläubigen sichtbar.
Genauer gesagt (und Sie ahnen es vermutlich) ist er nicht sichtbar. Sondern er ist umhüllt von einem Mantel, der aus Bronze gefertigt wurde, und der den Stuhl kunstvoll verbirgt und in Szene setzt. Das gesamte Ensemble wurde 1666 von Gian Lorenzo Bernini geschaffen, der auch das berühmte Ziborium über dem Hauptaltar erbaute, also den »Baldachin« mit seinen großen vier Säulen.
Wenn Sie in Rom schon einmal etwas Zeit damit verbracht haben, den riesigen Hauptaltar des Petersdoms mit seinem prächtigen Ziborium zu bestaunen, dann werden Ihnen vermutlich Gläubige aufgefallen sein, die sich davor niederknien. Manche strecken sich auch bäuchlings auf den Boden und verharren minutenlang in inniger Anbetung. Ihre Verehrung gilt allerdings nicht dem prachtvollen Altar, sondern dem heiligen Stuhl des Apostel Petrus, den die Gläubigen nur aus einer gewissen Entfernung sehen können.
Historiker wie Theologen wissen längst, dass dieser Stuhl nichts mit Petrus zu tun hat. Der Stuhl stammt vermutlich aus dem 9. Jahrhundert und diente zur Krönung von Karl dem Kahlen. Er war von 843 bis 877 westfränkischer König und von 875 bis 877 König von Italien und Römischer Kaiser.
Nun habe ich persönlich nichts dagegen einzuwenden, dass sich Gläubige vor diesem Stuhl auf den Bauch legen. Aber warum sagt man ihnen nicht, dass es der Stuhl ist von Karl dem Kahlen? Dann können sie immer noch entscheiden, ob sie sich niederwerfen.
Deswegen wendet sich dieses Buch auch nicht gegen den Glauben. Es wendet sich gegen den Betrug. Wenn Sie den Stuhl von Karl dem Kahlen anbeten wollen: Bitte sehr, das ist Ihr gutes Recht. Aber die Gläubigen trotz besseren Wissens zu täuschen und hereinzulegen — das ist schäbig.
Kirchenvertreter könnten einwenden, dass sie überhaupt nichts darüber gesagt hätten, um was für einen Stuhl es sich handele, also könne man es ihnen auch nicht vorhalten. Nach meiner Ansicht lohnt es nicht, in diese fadenscheinige Debatte einzusteigen. Die Kirche weiß genau, warum sich die Gläubigen vor dem Thron niederwerfen. Die Kirche klärt diesen Irrtum absichtlich nicht auf, weil sie davon profitiert.
Wie schon beim angeblichen Fußabdruck der Maria Magdalena ließ Papst Benedikt es sich nicht nehmen, auch diese dubiose Reliquie durch sein bischöfliches Wirken zu ehren. Im Jahr 2008 entfernte man auf sein Geheiß einen schmucklosen Altar, der sich direkt vor dem Stuhl-Ensemble befand und zur Anbetung desselben diente. Ersetzt wurde er durch einen frei stehenden Altar mit einem vergoldeten Antependium (ein kostbarer Vorhang oder Teppich), der reich verziert die Apostel Paulus und Petrus darstellt (und ungerechterweise nicht Karl den Kahlen). Es wird also weiter an der Legende gestrickt. Man kann Papst Benedikt daher nicht zugestehen, es handele sich um die bedauerlichen Verfehlungen früherer Päpste. Es ist seine eigene Schuld, die hier verhandelt wird.
Das Wort »Schuld« lässt an Bedauern denken, oder daran, dass etwas abgestritten wird. Aber es wird weder etwas bedauert noch abgestritten. Theologen geben unumwunden zu, dass von manchen verstorbenen Heiligen ganze 28 Beine existieren — was, wenn man genau nachzählt, mehr ist als man erwartet hätte. Ich zitiere hier den deutschen Theologen Prof. Dr. Manfred Becker-Huberti, um zu belegen, dass es tatsächlich Theologen sind, die derlei zu Protokoll geben. Man findet zahlreiche Priester, die freundlich Auskunft erteilen darüber, dass inbrünstig angebetete Rippen in ihrer Kirche keineswegs die Rippen sind von jenen Heiligen, deren Namen auf den goldenen Täfelchen daneben notiert sind. Sondern es sind Schweinerippen.
Man würde denken, dass nach Bekanntwerden eines solchen Befunds die Rippen sofort entfernt würden. Aber das ist nicht der Fall. Sondern es heißt, solange Gläubige dadurch zu Gott fänden, oder solange sie bei der Anbetung der heiligen Schweinerippe eine Erleichterung verspürten, sei es nicht nur legitim, sondern geradezu geboten, sie weiter auszustellen. Man würde einem alten Mütterchen, das seit zwanzig Jahren jeden Sonntag die Gebeine eines Heiligen besuche, keinen Gefallen tun, wenn man es eines Tages über die tierische Herkunft der Knochen aufklärte. Und deswegen sei es kein Betrug, sondern einer der vielen wunderbaren Wege, die zu Gott führten.
Ist das Betrug? Ein Gläubiger, der Wunder und Reliquien verlangt, der verlangt sie als Beweis. Wer sie anbetet, tut das aufgrund der versprochenen Wirkung; die Wirkung hängt jedoch an ihrer Echtheit. Die Priester befriedigen das gerechte Verlangen der Gläubigen nach Beweis und Echtheit, indem sie tatsächlich Beweise für die Echtheit vorlegen, diese jedoch zuvor gefälscht haben.
Es betrügt die Gläubigen um ihr Recht, die Dinge selbst zu prüfen und sich frei zu entscheiden. Stattdessen entscheiden die Priester. Und die Priester haben womöglich zweifelhafte Motive. Die Wahrheit gehört jedenfalls nicht zu diesen Motiven, denn sonst gäbe es überhaupt keine gefälschten Reliquien.
In einem späteren Kapitel werden wir noch weitere interessante Beweisstücke betrachten. Doch jetzt haben wir uns eine kleine Pause verdient. Ich lade Sie ein, den Heiligen Vater bei einer privaten Andacht zu begleiten. Davon handelt das nächste Kapitel.
Eigentlich ist es ja geheim.
Jörn Dyck* ist seit über zwanzig Jahren erfolgreich als Publizist. Sein Publikum schätzt die gründliche Recherche und den unterhaltsamen Stil. Das vorliegende Buch zählt zu seinen erfolgreichsten Veröffentlichungen.
*Bevor Sie fragen: Auf »Schloss Dyck« in der Nähe von Mönchengladbach wurden einige TV-Serien gedreht.
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Eigentlich sollte das große Papst-Buch eine Liste aller Morde der Bibel enthalten. Als Zugabe. Doch die Liste wurde länger und länger. Und sie wurde blutiger und blutiger. Bald waren es über hundert Seiten — zu viel für das Buch. Zu blutig für die meisten Leser.
Also wurde ein zweites Buch daraus. Idealerweise liest man beide zusammen. Das Papst-Buch ist die Hauptmahlzeit, und das Morde-Buch ist das Dessert.
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